Das Projektteam stellt sich vor: Landmeisterinnen in Dessau-Roßlau

13. Oktober 2020, admin - Dessau-Roßlau


In Dessau wird unser Projektteam durch die "Landmeisterinnen" Birgit Krummhaar, Frigga Rosenkranz und Heike Fischer unterstützt. Sie sind nicht nur für "Städte wagen Wildnis", sondern auch für viele weitere Umweltprojekte aktiv. Wer sie sind und was sie machen, erklären sie uns in einem kurzen Interview.

Was macht man eigentlich als „Landmeisterin“?

Der Landmeister von Preußen war, laut Wikipedia, ein von 1230 bis 1309 bestehendes Amt im Deutschen Orden. Der Landmeister verwaltete die Kommenden des Deutschen Ordens im Prussenland.

Die Landmeister von Dessau kümmern sich im Auftrag der Stadt Dessau um die Pflege der Projektflächen, indem sie den Kontakt zwischen Hochschule und ausführender Firma koordinieren und die Firma vor Ort einweisen. Sie organisieren und führen Veranstaltungen für Jung und Alt auf den Flächen durch, um die Akzeptanz und das Interesse zu wecken und zu erhöhen. Außerdem unterstützen sie die Stadt Dessau in der Projektsteuerung und der Fördermittelbewirtschaftung. Wir sind Mittelsmänner für den Projektträger, indem wir das Offene Büro als Kontaktstelle unterhalten.

Wie kam es dazu, dass Ihr Landmeisterinnen wurdet?

Die Stadt Dessau hatte 2017 die Leistung - Projektsteuerung Landmeister - im Zuge des Projektes öffentlich ausgeschrieben, worauf wir ein Angebot abgegeben haben und uns der Zuschlag erteilt wurde.

Was ist eine der schönsten Erfahrungen aus dem bisherigen Landmeisterinnen-Dasein?

Wenn Kinder, die in unserer Veranstaltung waren, ihren Eltern die Flächen erklären.


Worin liegen die größten Herausforderungen/Schwierigkeiten in der Tätigkeit?

Die größten Herausforderungen liegen darin, die heutige Akzeptanz der Flächen durch die Bevölkerung zu gewinnen und den zukünftigen Erhalt zu sichern.

Ihr stellt das Projekt oft auf Veranstaltungen vor, sprecht aber auch Menschen direkt auf den Flächen an. Habt Ihr den Eindruck, dass die Menschen je nach Situation anders auf euch reagieren und, wenn ja, in welcher Weise?

Die Menschen, die wir direkt auf den Flächen ansprechen, kommen nicht gezielt dorthin. Sie gehen einkaufen oder sind auf dem Weg zur Arbeit. Besucher von Veranstaltungen haben sich bewusst dafür entschieden. Daraus ergeben sich verschiedene Interessen und Gespräche.

Ihr seid Ansprechpartner für alle Menschen, die die Flächen oder Veranstaltungen besuchen. Das heißt, ihr trefft auf ältere und jüngere, mal mehr und mal weniger „wilde“ Personen. Gibt es bestimmte „Typen“ von Menschen, die sich ganz besonders (wenig) für unser Projekt begeistern lassen?

Es wohnen relativ viele Menschen im Projektgebiet, die andere Sorgen und Interessen als die Grünpflege vor ihrem Haus haben. Somit hält sich auch die Begeisterung in Grenzen. Das sind aber auch die Familien, in denen man die Erwachsenen über ihre Kinder erreichen kann. Interessierte Bürger sind eher die Älteren, die sich Blumensträuße pflücken oder unsere Veranstaltungen besuchen.


Was wünscht ihr dem Projekt für die Zukunft?

Dass die Flächen in Zukunft eine geeignete Pflege erfahren, um die Artenvielfalt von Flora und Fauna zu erhalten und der Vandalismus und die Vermüllung langsam abnehmen.


Wildnisbewohnerin des Monats: Die, die sich dem Untergrund anpasst

12. Oktober 2020, admin - Frankfurt

Ein Gastbeitrag von den „Zottelbienen“: Stephanie Lehrian, Julika Exner und Johanna Kiefer

War man Ende September bei warmer und sonniger Witterung unterwegs auf der Wildnisfläche am Frankfurter Monte Scherbelino, traute man seinen Augen nicht. War da gerade etwas Blaues, nein, nichts zu sehen, oder doch… Bewegte sich da nicht doch was? Ja, da war tatsächlich ein Tier, die Blauflügelige Ödlandschrecke, Oedipoda caerulescens, wie sie wissenschaftlich benannt ist. Sie ist nicht einfach zu finden, diese Heuschreckenart, die zu den Springschrecken zählt, oder gar im Flug zu fotografieren. Schließlich ist sie farblich sehr gut getarnt. Junge Heuschrecken passen sich beim Wachsen farblich immer mehr dem Untergrund ihres Lebensraumes an. Setzt man die Heuschrecke in eine andere Umgebung, dann sucht sie dort den farblich passenden Untergrund. Ist dieser nicht zu finden, gleicht sie ihre Körperfarbe ihrer neuen Umgebung an. Dieses Phänomen nennt man Homochromie. Und nicht umsonst zählt die Blauflügelige Ödlandschrecke zu den Springschrecken: Kommt ein Fressfeind oder der Mensch zu nahe, springt sie auf und fliegt mit Hilfe ihrer blauen, bis dahin verborgenen Flügel, einige Meter weit. Denkt man, man habe gesehen, wo sie landet, dann irrt man meist, da sie kurz vor der Landung noch mal einen Haken schlägt. Sicher gelandet, sitzt sie farblich wieder perfekt getarnt und nahezu unbeweglich da.

Man kann die Männchen dieser Heuschreckenart nicht beim Balzverhalten, das man von vielen anderen Arten kennt, hören. Die Männchen suchen aktiv die Umgebung nach einer Partnerin ab. Nach erfolgter Paarung legen die Weibchen die Eier im Boden ab, die dort überwintern. Im Frühjahr schlüpfen dann die Nymphen, wie die jungen Heuschrecken genannt werden. Sie durchlaufen bei ihrer Entwicklung mehrere Häutungen - bei jeder Häutung nähert sich ihre Färbung mehr dem Untergrund der Umgebung an.

Für diese spannende Art, die auf der Roten Liste in Deutschland auf der Vorwarnstufe ist, ist die Projektfläche am Frankfurter Monte Scherbelino ideal. Der Lebensraum dort mit seinen zum Teil offenen, sonnigen, steinigen und kieshaltigen/kiesigen Flächen bietet alles, was die Blauflügelige Ödlandschrecke braucht.


Leben im Herbst auf den Frankfurter Wildnisflächen – Regenwürmer am Monte Scherbelino und Nordpark

12. Oktober 2020, admin - Frankfurt

Ein Gastbeitrag von den „Zottelbienen“: Stephanie Lehrian, Julika Exner und Johanna Kiefer

Ist man jetzt im Herbst bei kühler und feuchter Witterung auf den Wildnisflächen am Monte Scherbelino und am Nordpark in Frankfurt unterwegs, kann man unter Laub und Totholz leicht Regenwürmer finden. In den Herbstferien bietet es sich an, in der Nähe des „wilden Klassenzimmers“ am Nordpark, das mit Sitzbänken und einer Überdachung ausgestattet ist, mit den Kindern auf die Suche zu gehen.

Im Herbst und Frühling ist die beste Zeit Lumbricus terrestris, wie die Wissenschafler ihn nennen, leicht zu finden. Ist das nicht langweilig? Mitnichten! Sowohl die Suche als auch das Beobachten der Würmer kann sehr spannend und faszinierend sein. Außerdem hat man gute Chancen, bei der Regenwurmsuche Krabbeltiere wie Asseln, Schnecken oder Spinnen zu entdecken.

Warum heißt er eigentlich Regenwurm? Mit dem Wetterereignis „Regen“ hat sein Name nichts zu tun. Sein deutscher Name kommt von seiner regen, lebhaften Bewegung. Bei starken Niederschlägen wird der Regenwurm aber oft aus seinen Röhren an die Erdoberfläche gelockt. Er legt im Boden tiefe, senkrechte Wohnröhren an. Wenn Wasser in die Röhren gelangt, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass er ertrinkt, solange genügend Sauerstoff im Wasser gelöst ist. Regenwürmer, die zu den Ringelwürmern gehören, atmen nämlich über die Hautoberfläche. Sie sind sehr empfindlich gegenüber Hitze und Sonneneinstrahlung, weshalb man nun im Herbst sehr viel leichter Regenwürmer entdecken kann, als im trockenen Sommer.

Weit verbreitet ist der Glaube, der Regenwurm könne verlorene Körperteile erneuern. Wenn ein Wurm beispielsweise von einem Vogel angepickt wird, kann er am Hinterende einige Körpersegmente abschnüren und sich so in Sicherheit retten. Das Vorderende mit Mund und weiteren wichtigen Organen kann weiter leben, wenn der Darm noch lang genug ist und die Wunde nicht infiziert wird. Vorne ist der Wurm meist röter gefärbt. Hin und wieder hört man, würde ein Wurm bei der Gartenarbeit versehentlich mit einem Spaten geteilt, würden zwei Würmer weiterleben - das stimmt nicht! Beliebt sind die Tiere aber bei allen Gärtnern, denn sie fressen vermoderndes Pflanzenmaterial, das sie in ihre Röhren ziehen und zu wertvollem Humus verdauen.

Ein Tipp für alle Regenwurmforscher: Leicht zu finden sind die Würmer unter großen Steinen, feuchtem Laub oder Totholz, welches man bei der Suche vorsichtig umdrehen kann. Das bewegte Holz muss in jedem Fall wieder zurückgelegt werden, damit alle Lebewesen wie beispielsweise dort versteckte Kröten, Ameisen oder auch Salamander weiter ungestört sind.

Für Kinder ist eine Becherlupe ein tolles Forscherwerkzeug, um auch Regenwürmer in Ruhe und vergrößert beobachten zu können. Bevor der Wurm in der Becherlupe betrachtet wird, lohnt es sich, ihn einmal über die Hand kriechen zu lassen: So ein Regenwurm fühlt sich nämlich gar nicht so glitschig an, wie man vermuten könnte. Auf der Oberfläche befinden sich Borsten. Hat man ein Stück Butterbrotpapier zur Hand und lässt den Regenwurm darüber kriechen, kann man das durch die Borsten verursachte Geräusch sogar hören.

Zum Beobachten legt man den Wurm mit etwas feuchter Erde vorsichtig in den Becher. Bitte nicht schütteln und nach dem Beobachten wieder vorsichtig an derselben Stelle frei lassen! Lumbricus terrestris kann übrigens bis zu 30 cm lang werden, was der Größe eines A4-Schulheftes entspricht. Wer gerne wissen möchte, ob es sich beim gefunden Wurm um ein weibliches oder männliches Exemplar handelt, sollte wissen: Regenwürmer sind Zwitter! Geschlechtsreife Tiere besitzen eine Hautverdickung im vorderen Drittel des Körpers, den so genannten "Gürtel". Dieser Gürtel liegt näher beim Kopf. Bei der Paarung zweier Würmer haben beide die männliche und weibliche Rolle. Man erkennt eine Paarung daran, dass zwei Regenwürmer seitenverkehrt aneinander liegen - dann sollte man sie nicht stören.

Und jetzt: Viel Spaß beim Suchen und Finden von Regenwürmern sowie bei Ausflügen in die Frankfurter Stadtwildnis!


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