Gastbeitrag: Schneeglöckchen, geniale Überlebenskünstler

Avatar of admin admin - 21. Februar 2020 - Frankfurt

EIN GASTBEITRAG VON WILDNISBOTIN.DE

Zarte Blüten in frostiger Landschaft, ein Geschenk der Schneekönigin?

Es gibt eine alte Sage zur  Entstehung des Schneeglöckchens:  Die Schneekönigin fuhr im Winter mit ihrem Schlitten durch unwegsames Gelände. Bei der wilden Fahrt im Wald verlor sie einige der Schlittenglöckchen. Diese sanken in den Schnee, schlugen Wurzeln und begannen direkt nach der Schneeschmelze zu blühen.

Dass man die Schneeglöckchen, in alten Zeiten, mit der Schneekönigin in Verbindung brachte, ist nahe liegend. Die filigrane Pflanze mit dem weißen Blütenköpfchen besitzt nämlich bemerkenswerte Strategien, um, in unseren Breiten, schon gleich zu Jahresanfang (Ende Januar/Anfang Februar) zu erblühen. 

Schneeglöckchen sind Zwiebelgewächse, mit Amaryllis und Narzissen verwandt. Als so genannte Frostkeimer sind sie auf niedrige Temperaturen angewiesen. Das Wachstum der Zwiebel wird erst durch mehrere frostige Tage aktiviert. Nach einer Phase längerer Bodentemperatur über Null Grad Celsius beginnt das Schneeglöckchen mit dem Keimen. Um  durch Schnee und Frost an die Erdoberfläche zu gelangen, erzeugt die Pflanze Wärme (8-10 Grad Celsius) und bringen so Schnee zum schmelzen. Gleichzeitig sorgt sie damit für die notwendige Bewässerung ihrer Zwiebel. Zusätzlich produziert sie ein zuckerbasiertes Frostschutzmittel und  zuletzt überzieht sie ihre langen, schlanken Blätter mit einer Art isolierender Wachsschicht. So ist sie in der Lage, auch in harten klimatischen Bedingungen zu überleben. Sie ist wetterfest bis unter minus 20 Grad Celsius! 

Auch in Sachen Vermehrung hat sich die Pflanze, zusätzlich zu den seitlichen Brutzwiebeln, etwas besonderes ausgedacht. Ihre Samen sind mit einem Ölkörper überzogen, den Ameisen lieben. Diese Hülle wird verzehrt und der Same bleibt unbeachtet liegen. So werden die Ameisen  zu Hebammen der nächsten Schneeglöckchengeneration.

Die vielen unterschiedlichen Volksnamen der Pflanze weisen auf ihren besonderen Stellenwert für uns Menschen hin: Amsel-Blümeli (Blütezeit mit dem Beginn des Amselgesangs), Hübsches Februar-Mädchen, Jungfer im Hemd, Marienkerzen, Lichtmess-Glöckchen (Blüten werden bei "Maria Lichtmess" auf den Altar gestreut), Märzglöckchen, Milchblume, Schneeblümely, Schneeguckerl, Weiße Jungfrau (Bezug zur Jungfrau Maria und der keltischen Vegetationsgöttin Brigid) und viele weitere.

Die Schneeglöckchen sind gesellige Pflanzen und breiten sich an sonnigen, geschützten Standorten gerne schnell aus. Obwohl wir sie oft in großer Zahl an einem Standort finden, sollten sie, in Wildbeständen, nicht gepflückt werden. Sie stehen unter Naturschutz und gehören zu den gefährdeten Arten der Roten Liste. Wer von den hübschen Blüten in Verführung gebracht wird, sollte an das Zitat von Christian Morgenstern (1871-1914) denken: "Ich habe heute ein paar Blumen für dich nicht gepflückt, um dir ihr Leben mitzubringen".

Und zur Einstimmung auf das kommende Frühjahr hier noch ein Gedicht von Friedrich Rückert (1788-1866) zum Schneeglöckchen: 

Der Schnee, der gestern noch in Flöckchen

Vom Himmel fiel,

Hängt nun geronnen heut als Glöckchen

Am zarten Stiel.

Schneeglöckchen läutet, was bedeutet's

Im stillen Hain?

 

O komm geschwind! Im Haine läutet's

Den Frühling ein.

O kommt, ihr Blätter, Blüt' und Blume,

Die ihr noch träumt,

All zu des Frühlings Heiligtume!

Kommt ungesäumt!

 

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