Ökosystemdienstleistungen: Was die Wildnis in der Stadt für uns tun kann

Avatar of Frieder Leuthold Frieder Leuthold - 03. August 2017 - Frankfurt

Etwa 80 Prozent der Menschen leben in Städten. Raus in die Natur zu gehen ist für viele zu weit, zu teuer, zu schwierig. Naturnahe Grünoasen, schadstoffarme Gewässer und Böden sowie Vielfalt an Tieren und Pflanzen schaffen aber eine Lebensqualität, auf die viele auch in der Stadt  nicht verzichten wollen. Speziell Brachflächen und verwilderte grüne Ecken gibt es in Städten immer weniger, dabei sind sie so immens wichtig für Groß und Klein. Ein Plädoyer für mehr Stadtnatur:

Gute Natur, Böse Natur – eine Frage der Wahrnehmung

Giftpilze, Wespen, Stadttauben, Zecken und Pollen –  oft empfinden wir die Natur als lästig. Oder bemerken sie zu spät: Wenn der Regen die Grillparty versaut, das Auto unter der Krähenkolonie geparkt wurde oder die Elster das Nest mit den süßen Küken ausgehoben hat.

Dabei kann Natur so positiv sein! Wie wäre es zum Abschluss des Arbeitstags statt Verkehrslärm, Straßenbahnbimmeln oder Telefonklingeln hiermit: Blätterrascheln, ein Blick ins Grüne, vorbeibrummende Hummeln, Vogelzwitschern? Eine Wohltat als Abwechslung zu der Geräuschkulisse der großen Stadt – und urbane Wildnis kann genau das bieten!

Von Frischluftschneisen und Tropennächten – Grün kühlt!

Wann es stinkt und wann gelüftet werden muss, ist oft subjektiv. Aber wenn man von der städtischen Sommerhitze in den kühlen Stadtwald radelt oder den nächtlichen Duft der Nelken an der Nidda erlebt, dann weiß jeder instinktiv: Das tut verdammt gut! Längst ist auch der Klimawandel in unseren Breiten angekommen. Urbane Wildnis ist da eine praktische Sache: Sie bietet einen Ausgleich zu hohen Temperaturen, unangenehmer Luftfeuchte und einer mit Schadstoffen belasteten Umgebung. Die Pflanzen reichern die Luft mit Sauerstoff an, spenden Schatten und lockern den Boden. Unbebaute Grünflächen sind wichtig, um sich an steigende Temperaturen anzupassen –  auch als Rückzugsorte für Mensch und Natur.

Vom Wertschätzen der einfachen Dinge

Auch soziale Gerechtigkeit ist ein wichtiges Stichwort: Gerade arme und wenig mobile Mitmenschen sind auf erreichbare Flächen in ihrem Wohnumfeld angewiesen. Schlüsselerlebnisse in der Natur, niedrigschwellige Angebote, Möglichkeiten zum Selbsterleben und Ausprobieren – Wildnis in der Stadt bietet all das. Ihr wollt die Natur erleben? Unsere städtische Wildnis holt euch von der Tribüne in die Arena, und das ganz umsonst! Schon einfache Dinge wie die Verpuppung eines Schmetterlings oder das Gluckern eines Baches können Erlebnisse sein, die ihr so schnell nicht wieder vergesst.

Apropos Lernen:

Kinder finden ungeplante Spielorte attraktiver und tatsächlich sind sie auch für die Entwicklung sehr gut. Wo nicht Geräte in eingezäunten Spielplatzbereichen schon vorgeben, was man tun soll, entsteht Raum für eigene Fantasie. Für Freiheit und Selbstbestimmung. Und einfache Zusammenhänge wie die Notwendigkeit der Bestäubung zur Fruchtbildung lassen sich draußen an Ort und Stelle erleben und gewinnen so die Mystik und Nachhaltigkeit, die ein Schulbuch nicht bieten kann.

All das ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was uns die Natur in der Stadt bieten kann. Und diese „Ökosystemleistungen“ rechnen sich: Wo die Menschen ausgeglichener und gesünder sind und Klimaextreme durch die Natur gemildert werden können, kann auch bares Geld gespart werden.

Ihr findet unseren Ansatz ganz nett, aber eigentlich wollt ihr trotzdem lieber im Park auf der Wiese liegen? Klar, Park ist auch schön – aber Wildnis bietet ihre eigenen Vorteile: Wo der Natur Freiraum gegeben wird, erzählt sie unerwartete Geschichten, die der Mensch nicht vorher planen kann. So entstehen neue Eindrücke – und wer sich darauf einlässt, kann eine eigene kleine Welt mitten in der Stadt entdecken und viel Neues lernen.

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1 Kommentare

Karsten Dufft, DOSB

22. September 2017

Sport in der Stadtnatur stärkt Naturbewusstsein

Sport in der Stadtnatur stärkt Naturbewusstsein

Eine sozio-kulturelle Ökosystemdienstleistung der Stadtnatur ist auch die Möglichkeit zur Ausübung von Sport-, Erholungs- und Freizeitaktivitäten in Natur und Landschaft und das dabei stattfindende Naturerleben. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) fördert in diesem Zusammenhang Kooperationen von Sportvereinen mit Akteuren der Frei- und Grünflächenentwicklung und des Naturschutzes. Denn: Die große Bedeutung von Stadtnatur für das Leben der urbanen Bevölkerung entsteht häufig durch Sport: Stadtnatur spielt eine wichtige Rolle als Raum für Sport und Bewegung. 23 Prozent der Bevölkerung verbinden Natur in der Stadt sogar unmittelbar mit „Orten für Sport und Bewegung“ (Naturbewusstseinsstudie 2015). Sport in städtischen Naturräumen steht für Naturerleben im unmittelbaren eigenen Lebensumfeld!


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